Herbert W. H. Hundrich

WIR SIND HIER

Seit Mitte Juni 2018 weckt eine Seite der Sankt Marienkirche Parchim durch ganz besondere Lichtpunkte das Interesse der Passanten. Es sind Plastiken des bekannten Künstlers Herbert W. H. Hundrich, Plastiken aus Fiberglas, Polyester und Pigmenten, die während der Dämmerung zu leuchten beginnen, gespeist durch die Energie von Fotozellen in ihrem Inneren. Dass sie in kleinen Mauernischen ihren Platz gefunden haben, ist kein Zufall und auch nicht, dass sie kleinen Booten ähneln.

Der Bildhauer setzt sich auf diese Art tief gehend mit dem Thema Asyl, Illegalität, Flucht und Heimat auseinander. Wir leben in Zeiten, in denen fast täglich über Menschen berichtet wird, die ihr Land aus unterschiedlichsten Gründen verlassen und dabei viele Widrigkeiten in Kauf nehmen. Welche Not, welche Angst und welche Hoffnung treibt sie an? Nicht sicher, ob sie ihre Heimat je wiedersehen werden. Sie besteigen Boote, von denen sie nicht wissen wohin genau sie sie bringen und ob sie ihr Ziel erreichen. Viele sind schon gesunken und zahlreiche Opfer sind zu beklagen. Doch eine europäische Einigung scheint nach wie vor nicht in Sicht und das bedeutet auf der einen Seite weiterhin Ungewissheit und Unsicherheit für die geflüchteten Menschen und auf der anderen Seite, ein immer weiter nachlassendes Interesse an dieser Problematik bis hin zur offenen Feindseligkeit gegenüber den Geflüchteten.

Foto: Herbert W.H. Hundrich

Doch Herbert Hundrich geht es darüber hinaus auch um das soziale Problem „Wohnen“, darum, dass Mitglieder der Gesellschaft ein Zuhause haben, in dem sie leben können, ein Haus, eine Wohnung, eine Unterkunft. Er nähert sich mit seinem internationalen Projekt „iLlegal Housing/We are here“ (Illegales Wohnen/ Wir sind hier) in vier Ausstellungen gleichzeitig diesen brennenden Fragen. Projekte im Rahmen der Architektur-Biennale in Venedig, in Bissee bei Rendsburg und auf Mallorca gehen einher mit der Installation an und in der Sankt Marienkirche Parchim. Während in Mauernischen außerhalb des Gotteshauses die roten Skulpturen ihren Platz gefunden haben, leuchtet im eingerüsteten Altarraum eine blaue Skulptur, umgeben von den derzeitigen Baumaßnahmen.

„Meine Kunst erzählt von allem, was zur gleichen Zeit geschieht. Von dem, was ich nicht in Worten beschreiben, aber in Bildern und Skulpturen auf den Punkt bringen und zusammenfassen kann“, so der Künstler. Herbert Hundrich erzählt vom Leben, darüber, wie es ist oder wie es sein könnte und alles, was ihn bewegt, kann er auf seine ganz eigene, prägnante Weise in Bild und Form bringen. Sie birgt viel metaphorisches, diese spannende Installation in unserer kleinen Stadt und zwingt zum Nachdenken.

Ist ein Rettungsboot zur Stelle, wenn es gebraucht wird? Hat jeder eine Nische, in die er schlüpfen kann bzw. die ihm gehört? Hat jeder ein angemessenes Zuhause? Wie sollte Hilfe in bestimmten Lebenslagen aussehen und von wem sollte sie kommen? Man kann sich fragen und nochmals fragen und man kann dabei den Blick auf Herbert Hundrichs Skulpturen ruhen, die Gedanken kommen lassen und ihnen nachspüren. Und vielleicht Antworten dabei finden.

Gabriele Knües

„We are here“, Objekt im Mittelmeer vor Santa Ponca, Foto: Herbert W.H. Hundrich

Der in Pampin lebende und weltweit arbeitende Künstler Herbert W. H. Hundrich präsentierte sein Projekt: iLlegal housing. We are here. 2018 / Santa Ponça, Spanien + St. Marienkirche Parchim

Herbert W.H. Hundrich, Dorfring 2, 19372 Pampin, E-Mail: hundrich@hundrich.com